BIO

Foto: Saskia Uppenkamp

*1961 in Berlin, Deutschland

2001 – 2002
Freie Kunstschule Berlin
2005 – 2010
Akademie für Malerei Berlin

Kein Etikett für das Ungreifbare

Meinen thematischen Ausgangspunkt bildete 2008 ein Soloprojekt, in welchem ich 100 alte Menschen in einem Altersheim in Öl auf Goldgrund portraitierte. Ich überspannte Holzplatten mit einer Strukturtapete aus dem Baumarkt und belegte diesen Malgrund mit Blattgold. Anschließend hing ich die 100 vergoldeten Tafeln kommentarlos in den Gängen des Altersheims auf und forderte damit Diskussionen über den Wert des Alters heraus und darüber, wer es verdient, verewigt zu werden.

Die damalige Intention war die Umdeutung der gängigen Meinung, dass „Alt sein nichts für Feiglinge“ sei. Meine These, dass das Alter an sich einen der größten Werte darstellt, fand ich mit jedem neuen, in einer Stunde gemalten Antlitz bestätigt.

Die Resonanz des Publikums auf dieses Projekt ist bis heute ungebrochen. Seit 2012 ist die Arbeit ununterbrochen als Altarbild in verschiedenen Kirchen Berlins zu sehen und stellte sich damit einem religiösen Kontext.

Ich hatte erlebt, dass gesellschaftliche Relevanz auch dazu führen kann, dass die Malerei zur Nebensache wird und man schnell von außen ein (wenn auch freundlich gemeintes) Etikett aufgeklebt bekommt.

Immer mehr kam ich zu dem Schluss, dass ich meine Inhalte künftig offener gestalten wollte.

Ich zog mich für einige Jahre vorwiegend in mein Atelier zurück und erweiterte meine malerische und thematische Palette.

2017 schaffte ich gemeinsam mit Menschen mit geistigen Behinderungen eine 20teilige Werkreihe im Rahmen eines Projektes (KAFFEESCHNITTE MIT PKW). Ich verarbeitete auf Plastikfolien hergestellte malerische und zeichnerische Fragmente zu collageartigen Bildern und malte sie weiter, indem ich ihre Malerei und Zeichnungen von der Folie auf die Leinwand übertrug.

Mit der Folien-Technik hatte ich ein Jahr zuvor bei dem mit Flüchtlingen geschaffenen Zyklus THE NUK ROOM gute Erfahrungen gesammelt.

Zu Hause im Atelier praktizierte ich intuitives Zeichnen mit der „falschen“ Hand und geschlossenen Augen, um die Kontrolle über mein Tun besser loslassen zu können.

Die Ergebnisse meiner so entstandenen Zeichnungen verblüfften mich: Ausnahmslos alle erinnerten mich an Formen aus Tier- und Pflanzenwelt, meistens an die Gliedmaßen von Insekten, die verdreht und „falsch“ aus Phantasieformen herausragten.

Die Arbeiten erinnerten mich an die Wirkung meiner Kreisbilder: Ich konnte sie nicht deuten.

Ich experimentierte malerisch auf diese Weise weiter. Daraus entstand eine 30teilige Reihe. Ich benutzte erneut die „falsche Hand“, griff ohne Pinsel in die Farbe und schloss die Augen. Eine Serie, die ohne Ausnahme Anteile meiner eigenen Persönlichkeit spiegelten.

Durch die Nähe zu Kopf und Portrait fühlte ich mich jedoch zu sehr thematisch eingeengt. Daraufhin wendete ich mich erneut der geometrischen Farbflächen-Malerei zu.

Die neu gewonnenen Erfahrungen ließen mich nicht los und ich suchte weiter nach einer malerischen Lösung dafür, bewusst mit realistischen Darstellungen arbeiten zu können, ohne dem Betrachter den größtmöglichen Interpretationsfreiraum zu nehmen.

Heute geht es mir darum, den Betrachter zum Aushalten des Gesehenen einzuladen.

Er soll keine Möglichkeit erhalten, sich sofort zum Gesehenen zu positionieren. Er soll sagen: „Sagt mir etwas.“ Oder „Sagt mir nichts“. Dann darf er weitergehen, ohne ergründen zu wollen, warum.

Ich bemühe mich, möglichst viele Schubladen geschlossen zu halten, damit der Kampf gegen das vermeintlich Ungewisse, Andersartige, Fremde oder Bedrohliche losgelassen werden kann. Für eine Welt ohne Label, ohne Bewertung und in völliger Akzeptanz von allem, was das Leben hervorbringt.

Meine Bilder entstehen durch mehrfaches übereinander Schichten von malerischen und zeichnerischen Fragmenten auf der Leinwand nach einem Prinzip, das sich auf natürliche Weise ständig weiter entwickelt. Wenn ich meine Realität und den Verstand ausblenden und mich voll auf meine Intuition einlassen kann, dann passiert Magie. Immer öfter.