ESSAY | FRIEDLICHE KOEXISTENZ

ORBS | Triptychon | 220 x 400 cm

Text: Michaela Nolte, Journalistin, Berlin 2012

AUSZÜGE AUS DER REDE ZUR AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG

„…Barbara Gerasch betrachtet das Phänomen Farbe als Hauptakteur. Wird sie also von der Farbe bestimmt? Fremdbestimmt gar? Heimgesucht wie weiland Sigmar Polke von den Höhere Wesen, die ihm befahlen die rechte obere Ecke schwarz zu malen? Mitnichten. Ebensowenig wie Polke – oder eigentlich noch weniger als der Meister des subtilen Humors und des gedanklichen um die Ecke Malens. Denn Barbara Geraschs gedanklich konkreter Prozess, der den Kompositionen vorausgeht, ist in der Konzeption und in der Anlage sichtbar. Nicht zu offensichtlich, nicht jedes Geheimnis enthüllend, aber doch spürbar anwesend. In dem Geflecht, aus dem die geometrischen Form- und Farbvariationen erwachsen, in den feinen gedanklichen Verästelungen, aus denen sie neue Klang-Räume entfaltet. Farbräume, die in der Tradition der Op-Art stehen. Aber nicht als rein visueller Effekt wie bei deren frühen Vertretern. Wir treffen auf Farbklangräume, in deren Tiefe wir eintauchen können…

…Woher kommen diese Buntheit und bisweilen auch dieses ja nur vermeintliche Chaos? Das durchaus gewagte Aufeinanderprallen von Rot- und Grüntönen, von Blau und Orange, zwischen die sich Magenta, Pink oder Violett schieben? Dieser Wirbelsturm der Formen, die sich überlagern, befruchten und auslöschen? Allemal beweisen sie ein beeindruckendes, ganz ungetrübtes Farbempfinden, das diesen Bildern ihre Energie und Dynamik verleiht…

…Ich muss es aushalten können. Diese Buntheit und das Chaos“ hat Barbara Gerasch bei meinem Besuch im Atelier gesagt. Dieses Aushalten können impliziert eine selbstkritische, das eigene künstlerische Tun stets hinterfragende Haltung und verweist ebenso auf das sich selbst Antreibende, das Grenzen Auslotende, das malerisch Grenzen Überwindende. Nicht zuletzt muss auch der Betrachter die Buntheit und das scheinbare Chaos aushalten können; vor allem aber die Wirkmacht der Farben, deren Spektrum Barbara Gerasch in ihrem neuen, seit etwa zwei Jahren verfolgten Stil geradezu feiert…

…Wer in der rechten Tafel oben links einen Fisch zu erkennen meint, dem erwidert die Künstlerin, dass es sich nicht um einen Fisch handelt, sondern um Fragmente von Kreisen. Frank Stella hat das in den 1950er Jahren auf den Punkt gebracht: „What you see, is what you see.“ So versteht auch Barbara Gerasch ihre Kunst. Im Kern frei von Wiedererkennbarem…“